Fachbeitrag
06
11
2024

Storytelling über Werte: Warum es so selten funktioniert

Wenn Unternehmen sich ein neues Leitbild oder Werteset geben, rauchen in der Internen Kommunikation die Köpfe: Wie vermitteln wir das den Mitarbeitenden? Die Antwort darauf gleicht in vielen Fällen einer Flucht.
Fachbeitrag
06
11
2024

Storytelling über Werte: Warum es so selten funktioniert

Wenn Unternehmen sich ein neues Leitbild oder Werteset geben, rauchen in der Internen Kommunikation die Köpfe: Wie vermitteln wir das den Mitarbeitenden? Die Antwort darauf gleicht in vielen Fällen einer Flucht.
Storytelling über Werte: Warum es so selten funktioniert

Themenkonferenz im Newsroom. In Kürze soll das neue Leitbild verkündet werden. „Wir brauchen dann eine Storyserie oder ein paar Videoclips oder so. Hat jemand eine Idee?“, fragt die Redaktionsleiterin. „Wie wäre es, wenn jeder Vorstand einen der Werte vorstellt“, meint ein Redakteur. Gelächter in der Runde. „Könnte komisch kommen, wenn der Müller über Transparenz spricht“, lästert jemand. „Der taucht ja immer ab.“ Es folgen weitere Ideen aus der Runde. Interviewserien mit Teamleitern; Projektstories, in denen immer ein Wert hervorgehoben wird; interne Umfragen. Am Ende wird es ein Mix aus allem, gestartet wird mit einem Video des CEO.
 
Vier Wochen später, Auswertung der Userdaten. Ernüchterung macht sich breit, die Werteserie wird so gut wie nicht geklickt.
 
Ist eine Story über Werte überhaupt relevant?
 

Es gibt viele Gründe, warum Storytelling zu Werten und Leitbildern nur selten funktioniert. Einer ist die Austauschbarkeit der Inhalte. Werte und Aspekte wie Nachhaltigkeit, Verantwortung oder Mensch im Mittelpunkt finden sich in fast jedem zweiten Leitbild. Es ist unbestritten, dass sie trotzdem wichtig sind – wer wollte leugnen, dass ein Unternehmen und seine Mitarbeitenden verantwortlich handeln sollen. Aber da diese Aspekte eben auch als selbstverständlich angesehen werden, ist eine Kommunikation darüber nicht auf den ersten Blick relevant. Und wird weggeklickt.
 
Ein zweiter, häufiger Grund des Scheiterns: Die Kommunikation erschöpft sich im Appell („Warum wir uns alle mit Nachhaltigkeit beschäftigen müssen“) oder in Sonntagsreden („warum mir Vielfalt so wichtig ist“). Das alles haben die meisten schon x-mal gehört und gelesen.
 
Der dritte, wichtigste Grund: Wort und Tat stimmen nicht überein (siehe der immer abtauchende Vorstand Müller).
 
An der Kommunikation beweist sich das Leitbild

 
Genau hier liegt der wirksamere Ansatz für das Kommunikationsteam: Statt sich in Storyserien mit lauter Allgemeinplätzen zu flüchten und damit scheinbar einer Berichterstatter-Pflicht Genüge zu tun, fordert das Leitbild zu allererst eine Selbstprüfung. Keine Themensitzung ist angesagt, sondern ein Workshop, der die besondere Verantwortung der Unternehmenskommunikation für die Glaubwürdigkeit des Leitbildes thematisiert. Tatsächlich spiegelt sich nämlich vor allem in der Kommunikationspraxis eines Unternehmens, ob das formulierte Leitbild glaubwürdig ist oder nicht.
 
Stimmen also Wort des Leitbildes und Tat in der Kommunikationspraxis überein? Fast jeder in einem Leitbild formulierte Wert lässt sich auf die Kommunikation herunterbrechen. Beliebtes Beispiel: Offenheit und Transparenz. Wie offen thematisieren wir kritische Themen, wie transparent gehen wir auch mit Problemen oder Krisen um? Öffnen wir unsere Kanäle genügend für Dialog? Ist unser Vorstand präsent genug? Oder, allgemeiner gefragt: Inwieweit atmen unsere Instrumente und Inhalte, unsere Prozesse, unser Stil und die Tonalität unserer Kommunikation den Geist des Leitbildes? Ist unsere Arbeit ein Ausdruck dieses Wertesets?
 
Man kann die Werte auf Tassen drucken und Plakate aufhängen, Bildschirmschoner damit bestücken oder eben Storyserien planen. Das schafft Aufmerksamkeit, aber keine Verhaltensänderung. Die gelingt nur, wenn man Strukturen, Prozesse und Organisation verändert, um „neues“ Verhalten zu ermöglichen. Vor allem in der Kommunikation.

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Geschrieben von Zimmermann Editorial

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