Medien, Politiker:innen und Unternehmenslenker:innen überbieten sich mit ihren Schilderungen zum Ausmaß des Fachkräftemangels. Wie schlimm ist es wirklich?
Ich will nicht in diesen Untergangschor einstimmen. Natürlich stellt der demografische Wandel unsere Wirtschaft vor Herausforderungen. Andererseits bietet uns die Digitalisierung viel mehr Möglichkeiten als wir heute überhaupt nutzen – Stichwort Künstliche Intelligenz. Man macht es sich zu einfach, wenn man sich bei Schwierigkeiten im Recruiting hinter dem Begriff Fachkräftemangel versteckt. Viel spannender für Unternehmen, Personalabteilungen, aber auch den Staat sollte die Frage sein, was sie selbst aktiv tun können.
Und das wäre?
Eine ganze Menge, nur zwei Beispiele: Viele Menschen arbeiten in Teilzeit, würden aber gerne Vollzeit oder vollzeitnah arbeiten. Wir haben in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern eine große Versorgungslücke bei der Kinderbetreuung, was das Arbeiten erschwert. Zusätzlich gibt es viele Menschen, die gerne in andere Jobs einsteigen möchten. Hier mangelt es aber in vielen Branchen oder auch Unternehmen an entsprechenden Qualifizierungsprogrammen für Quereinsteiger*innen.
Der wichtigste Aspekt ist aber: Es muss intern stimmen, wenn man nach außen strahlen will. Die bestehenden Mitarbeitenden müssen zufrieden sein. Beispielsweise steckt in Corporate Influencern enormes Potenzial, das Unternehmen glaubwürdig und authentisch zu repräsentieren.
Wie wichtig ist dabei das Zusammenspiel von Personalabteilung und Unternehmenskommunikation?
Es geht nicht nur um diese beiden Bereiche. Employer Branding ist zwar meist – wie bei der Gothaer auch – im Personalbereich verankert, aber es gibt so viele Schnittstellen, unter anderem auch zu Marketing und der Konzernentwicklung. Es ist wichtig, mit allen Beteiligten regelmäßig über Trends, Marktentwicklungen und Synergien zu sprechen. Corporate und Employer Brand müssen im Markenkern inhaltlich zueinander passen und aufeinander einzahlen, genauso wie die Unternehmens- und Personalstrategie.
Wie funktioniert das bei der Gothaer?
Der Newsroom der Unternehmenskommunikation lädt zu regelmäßigen Meetings ein, etwa alle vier Wochen. Dort treffen wir uns mit Mitgliedern aus allen Teams, die für die Kommunikation der Gothaer relevant sind. Wir besprechen die Themen, gewichten sie und legen Kanäle und Formate fest.
Gibt es auch gemeinsame Kanäle von Personalabteilung und Unternehmenskommunikation?
Wir bespielen den LinkedIn-Account der Gothaer gemeinsam. Bei LinkedIn geht es zwar originär um Business- und Karrierethemen. Aber der Corporate-Anteil wird immer größer. Deshalb passt das sehr gut zusammen. Bei Instagram und Facebook haben Unternehmenskommunikation und Personalabteilung jeweils eigene Kanäle. Es kommt aber immer wieder vor, dass wir bestimmte Aktionen gemeinsam spielen, wie zum Beispiel die Kommunikation rund um Wissen2go – unsere digitalen, internen Weiterbildungstage für die Mitarbeitenden des gesamten Konzerns.
Da würde es doch Sinn machen, wenn HR-Kommunikator:innen dauerhaft Teil des Newsrooms wären …
Langfristig wäre das sicher spannend. Es gibt auch Unternehmen, zum Beispiel Bechtle und Roche, die das heute schon umsetzen. Ich persönlich glaube nicht, dass wir jeden Tag im Newsroom sitzen müssen. Aber ein regelmäßiger Themenaustausch, etwa alle zwei Wochen und auch über reine Kommunikationsthemen hinaus, wäre aber sicher hilfreich, um Verständnis für unterschiedliche Themen herzustellen und Synergieeffekte zu schaffen.