Herr Baum, was hat Essen, was Berlin nicht hat?
Essen ist sicher keine Hipsterstadt. Ich habe die Stadt noch vor dem Strukturwandel erlebt und bin als Kind mit meinen Freunden durch leerstehende Zechen gestromert. Aber auch wenn hier heute alles aufpoliert und neu ist, sind die Leute noch die gleichen.
Sie finden die Stadt also zu glatt?
Ich weiß nicht, ob Essen in den letzten Jahren schöner geworden ist. Mir fehlen die geheimnisvollen Ecken aus meiner Kindheit, die inzwischen alle saniert worden sind. Aber ich lebe trotzdem gerne im grünen Essener Süden, der ja eigentlich nur aus aneinandergereihten Dörfern besteht.
Gerade arbeiten Sie hier im Ruhrgebiet ja auch am Comeback Ihrer Paraderolle „Der letzte Bulle“.
Genau, und zwar dieses Mal für`s Kino. Die ersten Dreharbeiten liefen bereits im September im Ruhrgebiet an. Es macht wirklich Spaß, wieder in die Rolle von Mick Brisgau zu schlüpfen, aber die Erwartungen sind enorm hoch. Viele Fans der Serie haben schon seit Jahren auf eine Neuauflage der Serie gewartet. Deswegen wollen wir den Film extra gut machen.
Ganz schön viel Druck. Wünschen Sie sich manchmal, Sie wären doch bei Ihrem ursprünglichen Berufswunsch geblieben und hätten wie Ihr Vater Medizin studiert?
Nein, ich mag ja Stress, das Gefühl unter Dampf zu stehen. Das passt zu mir. Aber ich muss zugeben, dass ich den Beruf des Schauspielers auch nach all den Jahren immer noch schwer zu greifen finde. Das ist ja keine Profession, in der man seine Leistung objektiv bewerten kann. Das ist in der Medizin anders.
Haben Sie deshalb erstmal eine Ausbildung zum Rettungsassistenten gemacht?
Naja, die Medizin war mir eben von meinem Vater vertraut. Und als ich nach dem Schulabschluss aus dem Internat in England zurückkam, wollte ich was erleben. Deswegen habe ich mich während meines Zivildienstes als Sanitäter ausbilden lassen. Und was soll ich sagen: Gelangweilt habe ich mich da nie.
Sie waren früher ja selber häufiger an der Universitätsklinik ...
Ja, als Rettungssanitäter in Essen habe ich hier natürlich öfters Patienten übergeben und mit den Kollegen in der Notaufnahme versorgt. Das waren oft sehr blutige Erlebnisse, die mit den Sets, in denen ich heute arbeite, nichts zu tun hatten. Das war echt! Und das hat mich viel fürs Leben gelehrt.
Zum Beispiel?
Dass man seine Zeit nicht verschwenden sollte und das machen sollte, was einem liegt. Das war auch der Grund warum ich dann nicht in die Medizin gegangen bin, sondern meiner Gabe gefolgt bin und Schauspiel in Bochum studiert habe.
Gibt es Parallelen zwischen Medizin und Schauspiel?
Definitiv. Mein Vater, der lange als Hausarzt gearbeitet hat, sagte früher immer zu mir, dass er seinen Patienten schon am Gang und ihrer Ausstrahlung ansieht, was sie haben. Ich glaube, dass ein guter Arzt sich dadurch auszeichnet, dass er intensiv hinsieht und hinhört, um zu erfahren, was seine Patienten quält. Der Schauspieler muss im Grunde genommen genau andersherum agieren und die Gefühle nach außen tragen.